Gestern Abend bin ich dann, wie immer, losgezogen, um was zu essen. Dieses Mal hatte ich mir ein Restaurant aus dem Lonely Planet rausgesucht, und auch die aktuellen Google Bewertungen machren mir Mut. Es war ein Stück zu laufen, aber ich hoffte, dass sich die Mühe lohnt.
Und so war es dann auch. Es war ein relativ großes Restaurant, und ich hatte Mühe, einen Tisch zu finden, da es ziemlich voll war. Das ist immer ein gutes Zeichen. Eigentlich wollte ich gerne Leber essen, die ist hier immer sehr lecker aber die war leider aus. So habe ich ein anderes Gericht bestellt, das aber auch wieder sehr fleischlastig war.
Aber ich sollte irren.
Es war nicht fleischlastig, sondern im Prinzip hatte man alles Fleisch, was in Montenegro verfügbar war, auf meinen Teller gepackt!
Ich habe noch nie vor einer so gewaltigen Aufgabe gestanden, und eine Dreiviertelstunde später war klar: ich habe es nicht geschafft.
Schon am Anfang habe ich aufgehört, die mitbestellten Pommes zu essen und habe dann nur noch mit dem Fleisch gekämpft.
Aber es kam dann der Punkt, wo ich mich fragen musste, ob man wirklich den Teller leer essen muss, damit am nächsten Tag gutes Wetter kommt oder ob ich es riskieren sollte. Ich riskierte es, und ich habe kein gutes Gefühl bezüglich des Wetters heute.
Das Duschen ist immer noch recht schwierig, weil ich das einbeinig machen muss, damit der Verband an dem anderen Bein hält. Mein Badezimmer ist aber so klein, dass man kaum umfallen kann.
Heute ist es kühl und es ist auch für nachmittags Regen angesagt. Ich bleibe aber weiter bei Sommerkleidung, ziehe lediglich den Hoodie an. Dann mache ich mich in der Morgenkühle auf den Weg zum Bahnhof. Zwischendurch komme ich an einem Friseursalon vorbei, der in der hiesigen Sprache Frizerski Studio heißt.
Lustig!
Ich bin deutlich zu früh da und sehe mir bei der Gelegenheit auch direkt mal den Busbahnhof an. Der sieht schon einigermaßen modern aus und ich stoße auf ein Schild, dass Tickets nur ausgedruckt gültig sind. Da scheint mir die Digitalisierung auf dem halben Weg stecken geblieben zu sein. Ich frage am Schalter noch mal sicherheitshalber nach, aber die Frau schüttelt nur den Kopf und will mein Handy haben. Ich gebe es hier ihr und bekomme es 5 Sekunden später zusammen mit einem Ausdruck zurück. Die scheinen hier nicht viele Worte zu machen.
Der Bahnhof war hier ist sehr klein. Es gibt zwei Schalter und eine Toilette, und das war es dann auch schon. Ich fragte am Schalter nach einer Rückfahrkarte und sagte auch die Zeiten dazu. Die Frau gab mir dann ein Ticket und wollte fünf Euro haben. Zuerst dachte ich, dass sie mich bezüglich der Rückfahrkarte nicht verstanden hat , aber dann sah ich: das war tatsächlich so billig. Sie meinte dann auch noch, dass die Karte den ganzen Tag gültig sei egal welche Uhrzeit.
Ich hatte jetzt noch etwas Zeit, also bin ich noch kurz zum Busbahnhof rüber gegangen, um dort einen Kaffee zu trinken. Ein guter Cappuccino nach dem Instant Kaffee heute Morgen tut gut. Als ich zum Bahnhof ging, war der Zug schon da. Ich suchte mir einen Abteil, und plötzlich hörte ich lautes bellen. Durch das Eingangstor des Bahnhofs kam eine Rudel von 20-30 Hunden. Alle ohne Halsband . Auch spannend!
Das Abteil, in dem ich sitze, teile ich mit einem älteren Herren und man kann erkennen, dass sich die Sitze auch als Liegen umbauen lassen. Dann hat man auf jeder Seite ein Etagenbett. Seltsamerweise steht an der Heizung „warm, kalt“ auf Deutsch während das Schild am Fenster, dass man sich nicht heraus lehnen darf, auf Französisch ist. Aschenbecher gibt es hier auch noch!
Dann hört man den Pfiff des Schaffners, und der Zug setzte sich in Bewegung. Jetzt, wo ich das schreibe, fällt mir auf, dass die Bezeichnung Schaffner wahrscheinlich von jungen Leuten gar nicht mehr verstanden wird. Aber genau, der kommt ins Abteil und zeichnet dann mit seiner Unterschrift das Ticket ab.
Draußen zieht eine hügelige Landschaft vorbei, und es sieht ärmlich aus. Ein paar Hügel, ein paar Sträucher, ab und zu ein Dorf. Zu allem Überfluss fängt es auch noch an zu regnen. Das war zwar angesagt, aber erst für 4:00 Uhr nachmittags. Mal sehen, wie sich das entwickelt!
Irgendwann mal überqueren wir über eine lange Brücke einen See und verschwinden dann für wirklich sehr lange Zeit in einem Tunnel. Als ich mal an der Heizung fühle, merke ich, dass sie an ist. Deshalb ist das hier in dem Abteil auch so gemütlich. Die letzten 10 km fahren wir dann am Meer entlang. Wegen der dunklen Wolken am Himmel ist es heute nicht blau, trotzdem geht mir immer wieder ein Herz auf, wenn ich am offenen Wasser bin. Und dann sehen wir Bar und im Hafen liegt dann auch schon ein Kreuzfahrer. Pünktlich kommen wir am Bahnhof an.
Ich brauche circa eine halbe Stunde, um in die Stadt hinein zu laufen. Unterwegs komme ich an einem Hypermarket vorbei, der diesen Namen aber auch durchaus verdient. Ein riesiger Shop mit einem überwältigenden Angebot. In der Fleischabteilung gibt es auch diese kleinen geräucherten Fleischscheiben, die ich schon in Sarajevo so sehr geliebt habe. 3-2-1 meins! Ich bin natürlich sofort zum Meer gegangen und natürlich sofort zum Hafen.
Da liegen einige Marineschiffe und ich kann mich erinnern, als ich als Kind in Jugoslawien war, waren da immer große Schilder, dass das fotografieren verboten sei. Hier sind keine Schilder und hier schert sich auch niemand drum. Im Hafen liegt auch besagter Kreuzfahrer, aber bei näherem hinsehen denke ich, dass er im Dock liegt und repariert wird.
Leider hat es zwischenzeitlich ganz leicht angefangen zu nieseln, dass ist noch weit entfernt von Regen, aber ein bisschen nervig ist es schon. Von der Temperatur her ist es in Ordnung, ich überlege die ganze Zeit, das Sweatshirt auszuziehen, aber da ist immer noch der Wind. Mal sehen, wie sich das entwickelt.
Je weiter man in den Hafen reingeht, umso größer werden die Schiffe. Man liest relativ oft als Heimathafen irgendeinen Ort aus Polen, aber auch aus Tschechien und Deutschland sind Schiffe hier und eins auch aus Montreal.
Von der Größe und Ausstattung des Schiffes her gesehen, glaube ich das sogar.
Aber es gibt auch andere, von denen ich nicht glaube, dass sie jemals wieder in See stechen werden.
Jetzt wollte ich doch gerne mal herausfinden, wo die Altstadt von Bar ist. Ich fragte jemanden, aber die traurige Nachricht war, dass die Altstadt circa 8 km entfernt sei, die Taxifahrer für eine Fahrt gerne 20 € haben wollten. Die Altstadt muss sehr schön sein, aber die 40 € Eintrittsgeld waren mir dann doch etwas zu viel für einen schnellen Kaffee. Den werde ich auch hier irgendwo kriegen.
Um die Zeit zu nutzen, ging ich dann zu der Kirche von Jovan Vladimir. Das stellte sich aber nicht als Kirche heraus, sondern als riesiger Palast. Auch hier scheinen die Kirchen viel Geld zu haben. Innen drin ist es für mich sehr ungewöhnlich, mit den vielen Bildern von Heiligen und auch ein völlig anders gestaltete Alter. Das habe ich an einigen anderen orthodoxen Kirchen, vielleicht nicht so groß, aber doch ähnlich gesehen. Sehr erstaunlich!
Es regnet immer mehr, und ich beschloss, zum Bahnhof zu gehen. Ich gab Railway Station in meinen Navi ein und der zeigte einen relativ kurzen Weg.
20 Minuten.
Das war ja cool.
Und ich ging los und tatsächlich erreichte ich nach 20 Minuten… eine Railway Station. Aber nicht den Bahnhof von Bar. Einfach eine Eisenbahnstation, bestehend aus einem kleinen Wartehäuschen wie an einer Bushaltestelle, auf der stand etwas kyrillisches, was ich natürlich nicht verstand. Ich schaute auf den Navi, aber nach dem hatte ich mein Ziel erreicht.
Dann kam mir auch die Idee, einfach mal „Railway Station Bar“ einzugeben. Das war ganz woanders.
Ganz woanders!
Dreieinhalb Kilometer von hier.
Und es regnet.
Shit!
Von der Zeit her passte es. Den übernächsten Zug würde ich kriegen, aber wie groß war in Wahrheit meine Lust, bei dem Wetter durch den Regen zu laufen. Ich kann es verraten: nicht groß! Aber Dummheit muss bestraft werden, also stapfte ich los. Irgendwann kam ich dann wieder an dem Hypermarket an und bin dann erst mal reingegangen, um mich kurz hinzusetzen und einen Cappuccino zu trinken.
Während ich da so saß, kam meine Laune wieder auf das Niveau vom Vormittag zurück.
Jetzt waren es noch knapp 1 km, das war machbar, außerdem nieselt es nur noch ganz leicht.
Dachte ich.
Leider hat es zwischenzeitlich wieder etwas mehr angefangen, zu regnen, aber jetzt war’s auch egal. Zur Not kann ich die Sachen heute Abend in meiner Unterkunft mit einem Föhn trocknen.
Am Bahnhof habe ich mir dann noch einen Kaffee gegönnt. Hier hatten sie keinen Cappuccino, sondern nur türkischen Kaffee. Bei starkem Kaffee sagt man ja gerne, dass der Löffel darin stehen bleibt. Bei diesem Kaffee hätte man den Löffel gar nicht erst da rein gekriegt. Ich kann auch gar nicht sagen, ob die die Tasse jemals wieder sauber kriegen.
Der Zug kam pünktlich und dieses Mal hatten wir innen grüne statt rote Polster. Und die Sitze hier waren umbaubar zu Dreier Stockbetten. Allerdings waren die Heizungen sehr hoch gedreht.
Und zum Schluss sah ich noch, dass das auch hier den Mann mit dem Hammer gab. Er geht am Zug entlang und klopft überall auf die Bremsen, um diese zu lösen. In Bulgarien hatte ich das auch schon mal gesehen!
Mit seinen etwas über 600.000 Einwohnern wohnen in diesem kleinen Balkanstaat ungefähr so viele Menschen, wie in Düsseldorf. Das kleine Land spiegelt gut die Vielfältigkeit des Vielvölkerstaates wider. Amtssprachen sind Montenegrinisch, Serbisch, Kroatisch, Bosnisch und Albanisch. Man benutzt das kyrillische Alphabet genau so wie das lateinische. Ursprünglich war das Land ein Fürstentum, später ein Königreich.
In den 90iger Jahren war das Land Zentrum des internationalen Zigarettenschmuggels und auch heute noch ist organisierte Kriminalität eines der großen Probleme. Und es ist (Verkauf von Pässen) auch ein sicherer Hafen für Oligarchen und reiche Straftäter (ca. 350.000€ / Pass)
Witzigerweise hat das Land im Jahre 1999 die Deutsche Mark als Währung eingeführt und danach auch auf den € umgestellt. Es ist aber nicht Teil der Europäischen Währungsunion.
In Montenegro gibt es die tiefste Schlucht Europas, die Tara-Schlucht. Und auch die höchste Eisenbahnbrücke mit 200m (Müngstener Brücke 107m). Es gibt hier gefühlt mehr Klöster als Dörfer. Und obwohl es nur einige 1000 Soldaten gibt, ist das Land in der Nato. Man sagt gerne, dass hier jeder 2. Soldat ist.
Interessantes, kleines Land!
Lustiger Zug, ich weiß nicht, wie man einen Sitz in ein Bett verwandelt
AntwortenLöschenDas geht relativ einfach. Die Rückenlehne wird hochgeklappt bis sie waagerecht steht und dann arretiert. Am Eingang sind dann Trittstufen, dann kann man da hochklettern.
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