Mittwoch, 8. Oktober 2025

Reise in den Balkan


Herbstreise. 




Mein Jahr ist in vier Teile gegliedert: die längere Frühjahrsreise, der gemeinsame Urlaub mit Daggi, die Herbstreise und der Rest, der aus Sport, Familie, Freunden, Ehrenamt und Mopedfahren besteht. Seit einiger Zeit unternehme ich im Herbst eine kürzere Reise von 2-3 Wochen. Letztes Jahr war ich in Georgien, davor in Rumänien. Dieses Jahr war die Entscheidung schwierig.

 

Zuerst interessierte ich mich für die -stan-Länder wie Usbekistan, Kasachstan und Turkmenistan, die Teil der alten Seidenstraße sind. Die Verkehrsverbindungen sind gut, die Kosten scheinen moderat, und das Herbstwetter ist angenehm. Doch je mehr ich las, desto mehr Orte wollte ich besuchen, und es wurde klar, dass drei Wochen nicht ausreichen würden. Glücklicherweise habe ich eine lange Liste von Wunschorten, und dort stand Taiwan. Ein Land, das man vielleicht besuchen sollte, solange es noch existiert, da der chinesische Präsident Xi es gerne einverleiben würde.

 

Es ist ein spannendes Land, ideal für Reisen, mit vielen Zügen und Bussen, die in drei Wochen gut passen würden. Temperaturen um 26° wären angenehm, aber der lange Flug schreckte mich ab: 16 Stunden über Helsinki nach Singapur, dann 4 Stunden bis Taipeh, zurück 4 Stunden bis Bangkok und 13 Stunden bis Frankfurt. Für drei Wochen war das zu viel. Polen wäre ebenfalls toll, aber im Oktober ist es kalt und regnerisch, also entschied ich mich für den Balkan im Herbst 2025.

 

Nach dem Ersten Weltkrieg, 1918, entstand das Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen, später Jugoslawien, um die südslawischen Völker zu vereinen. 1929 wurde es in „Königreich Jugoslawien“ umbenannt. Doch der Zweite Weltkrieg brachte Besatzung, Aufteilung und großes Leid.


Nach dem Zweiten Weltkrieg gründete Josip Broz Tito 1945 ein neues Jugoslawien als sozialistische Föderation mit vielfältigen Ethnien und Religionen. Unter seiner Führung blieb Jugoslawien unabhängig von der Sowjetunion und war ein wichtiger Akteur in der Blockfreien Bewegung. Titos Tod 1980 führte zu wachsender Instabilität, und in den frühen 1990er-Jahren zerfiel Jugoslawien in schweren Konflikten. Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie Mazedonien erklärten ihre Unabhängigkeit, was zu kriegerischen Auseinandersetzungen führte, die tiefe Wunden hinterließen.


Der Bosnienkrieg von 1992 bis 1995 war ein brutaler Konflikt in Europa, geprägt von ethnischen Spannungen und nationalistischen Zielen, der zu ethnischen Säuberungen, Massakern und der Zerstörung ganzer Städte führte. Das Massaker von Srebrenica im Juli 1995, bei dem serbische Truppen in die UN-Schutzzone eindrangen und etwa 8.000 bosniakische Männer und Jungen töteten, war das schlimmste Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 und wurde als Völkermord anerkannt. Die internationale Gemeinschaft, einschließlich der UN und niederländischer Blauhelmsoldaten, wurde für ihr Versagen in Srebrenica stark kritisiert, und viele Verantwortliche wurden vom Internationalen Strafgerichtshof zur Rechenschaft gezogen.


Der Kosovo-Krieg Ende der 1990er-Jahre verursachte großes Leid durch brutale Kämpfe, Vertreibungen und Menschenrechtsverletzungen zwischen serbischen Truppen und der kosovo-albanischen UÇK. 1999 beendete die NATO den Krieg mit einer Luftoffensive, woraufhin sich serbische Truppen zurückzogen, aber die Konfliktfolgen blieben bestehen. 2003 wurde Restjugoslawien in „Serbien und Montenegro“ umbenannt, doch dieser Staatenbund zerfiel 2006 mit Montenegros Unabhängigkeitserklärung und 2008 mit dem Kosovo, was international unterschiedlich bewertet wird. Die 1990er-Jahre-Kriege hinterließen tiefe Narben in der Region, mit anhaltenden Verlusten, Traumata und politischen Spannungen. 


Dennoch gibt es Hoffnung auf Versöhnung und friedliches Zusammenleben. Jugoslawien und ich teilen eine gemeinsame Geschichte; es war das erste fremde Land, das ich besuchte, als ich zehn Jahre alt war. Wir reisten durch Österreich, mein erstes Ausland, und ich war stolz darauf, Österreichisch zu verstehen.

 

Wir reisten in einem alten Ford 12m von 1960, beladen mit Campingausrüstung für vier Personen. Trotz seiner mageren 30 PS mussten wir die Alpen überqueren. Meine Füße standen in einem Plastikeimer im Fußraum. In Nürnberg luden wir aus, bauten das Zelt auf und richteten uns ein. Am nächsten Tag packten wir wieder ein und fuhren nach Salzburg, wo wir dasselbe wiederholten. Am dritten Tag erreichten wir Kraljevica an der Adria.

 

Die Reise war herausfordernd. In den Alpen überhitzte der Motor, und wir mussten anhalten. Meine Mutter und wir Kinder gingen zu Fuß, bis uns ein anderes Auto mitnahm. Mein Vater fuhr den Berg hinunter, nahm Anlauf und schaffte es schließlich mit Kraft und Gebet über den Gipfel. Oben lag Schnee, ein Anblick, den wir noch nie gesehen hatten.

 

Trotz der Herausforderungen war der Urlaub fantastisch. Wir schliefen in unserem neuen Steilwandzelt und genossen das warme Wasser der Adria. Das Essen, wie Melonen und Cevapcici, war perfekt.

 

Zwei Jahre später fuhren wir erneut nach Kraljevica, diesmal mit einem 40 PS starken Opel Kadett A, der uns über die Alpen brachte. Er hatte Schwierigkeiten, besonders mit einem Gepäckanhänger voller Campingausrüstung. Mein Bruder und ich hatten unser eigenes Hauszelt, und unser kleiner Bruder, noch ein Baby, wurde in einer Tragetasche transportiert. Es gab keine Sicherheitsgurte, und vorne wurde geraucht.

 

Mit zwölf Jahren entdeckte ich nicht nur Fahrräder, sondern auch Lydia, ein hübsches Mädchen aus Jugoslawien. Wir wurden Freunde, sprachen Englisch, schwammen, gingen spazieren, aßen Eis und hatten eine tolle Zeit.

 

Damals las ich eine Buchreihe über drei Abenteurer, die auf der ganzen Welt spannende Abenteuer erlebten. Einer von ihnen benutzte immer wieder (für mich superinteressante) Schimpfworte, wie zum Beispiel „you bloody fool“ (du blutiger Idiot) und „you son of a bitch“ (du Sohn einer Hündin).

 

Eines Tages schnorchelte ich in der Bucht von Kraljevica in flachem Wasser. Mein Schnorchel hatte oben so einen Tischtennisball, der das Rohr verschloss, wenn ich zu tief eintauchte. Dann hatte Lydia die geniale Idee, das zu simulieren, indem sie den Ball (ich hatte sie nicht bemerkt) hochdrückte. Natürlich bekam ich sofort einen Erstickungsanfall und versuchte, unter Wasser einzuatmen. Als ich dann aufgetaucht war, musste ich mich fast übergeben. Ich war stinksauer und rief erregt: „you bloody fool! You bloody fool! You bloody fool!“

 

Lydia war total verwirrt. Sie verstand nicht, warum ich sie anschrie und dabei immer „du Schöne!“, „du Schöne!“, „du Schöne!“ rief. Meine Aussprache war nicht so toll und so hatte sich „you bloody fool“ in „you beautiful“ verwandelt. 

 

Mein Bruder hatte mehr Glück bei den Frauen. Er war ja auch zwei Jahre älter und hatte Rosika kennengelernt und ihr Avancen gemacht.

 

So war es irgendwie für uns beide ein ‚Summer of Love‘.

 

1975 bin ich dann zum dritten Mal nach Jugoslawien gefahren. Dieses Mal war es mit meinem Bruder und meiner damaligen Freundin. Ich fuhr zu der Zeit einen Fiat 850N, aber der war nicht einsatzbereit und stand in einer Werkstatt, um TÜV-bereit gemacht zu werden. Also habe ich mir kurzerhand einen betagten DKW 1000S gekauft, der in der Uni am schwarzen Brett angeboten wurde. Mit dem Schätzchen sind wir tatsächlich durch Österreich, über die Berge bis nach Senj gekommen. Und danach ging es noch weiter nach Ungarn und durch Österreich wieder zurück nach Deutschland.

 

1984 bin ich mit Freunden und meiner damaligen Freundin zusammen mit zwei Autos nach Baska auf der Insel KRK gefahren. Ein Golf Diesel mit einer Segeljolle auf dem Dach hat uns hingebracht und wir hatten eine gute Zeit.

 

Deshalb habe ich das dann im Jahr darauf wiederholt, wieder nach Baska, dieses Mal aber schon mit einem Turbo-Diesel. Zu der Zeit war die Inflation in dem Land gewaltig und wir tauschten fast jeden Tag nur eine kleine Menge DM in Dinar um. In diesem Urlaub habe ich 21.000.000 Dinar ausgegeben.

 

2003 war ich dann mit meiner jetzigen Frau das letzte Mal in Jugoslawien. Wir waren frisch verheiratet und sind damals mit meinem ersten Firmenwagen, einem schönen Audi A4 über die Berge gefahren. Wir waren wieder in Baska, aber der Ort war bereits sehr überlaufen. Die Nähe zu Bayern und vor allem zu Italien war zu attraktiv.

 

Es ist also jetzt mein neunter Besuch (ich war zweimal dienstlich in Slovenien) in Ex-Jugoslawien. 

 

 

Aber jetzt geht es los. Auf mich warten 2 Bahnhöfe, 9 Busterminals und 7 Flughäfen. Let’s go….

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