Donnerstag, 30. Oktober 2025

Donnerstag, 30.10.2025 Die Eroberung von Belgrad

Belgrad ist die Hauptstadt Serbiens und mit rund 1,7 Millionen Einwohnern die größte Stadt des Landes. Die Stadt liegt an der Mündung der Save in die Donau – eine der strategisch wichtigsten Flusskreuzungen Europas. Mit über 7.000 Jahren Geschichte gilt Belgrad als eine der ältesten durchgehend besiedelten Städte Europas.


Ein Wahrzeichen der Stadt ist die Festung Kalemegdan, von der aus man laut Reiseführer einen beeindruckenden Blick auf die Flüsse Donau und Save genießen kann. Belgrad hat außerdem eine lebendige Kulturszene mit zahlreichen Theatern, Museen und Galerien. Früher war die Stadt die Hauptstadt des Königreichs Jugoslawien und später der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien.


Die Altstadt „Stari Grad“ erwartet einen mit engen Gassen, historischen Kirchen und dem Präsidentenpalast. Berühmt ist Belgrad auch für sein pulsierendes Nachtleben, besonders auf den sogenannten „Splavovi“ – den Partyschiffen auf Donau und Save. Zahlreiche Parks wie der Tašmajdan-Park oder der große Park in New Belgrade laden zum Entspannen ein. 


Und wieder der Reiseführer: So verbindet Belgrad auf einzigartige Weise historische Architektur mit modernen Vierteln wie New Belgrade, das nach dem Zweiten Weltkrieg entstand.



Es ist eine verrückte Stadt. Es gibt moderne Bürotürme, klassische, wunderschöne alte Gebäude, herzlos gebaute Wohnhäuser und Ruinen. Dazwischen ein furchtbar heftiger Autoverkehr. Der Tag begrüßt mich mit schönem Wetter. Für morgens früh um 9:00 Uhr sind 16° schon sehr ok und es sollen 23° werden, also ein schöner Spätsommertag. 






Mein erster Weg führt mich zum zur Festung von Belgrad. Dabei gehe ich an der Save entlang, die sich hier mit dem mit der Donau vereinigt. Direkt am Beginn meiner kurzen Wanderung ist ein Militärmuseum in einem alten Kriegsschiff untergebracht. Das merke ich mir mal für später.


Die Save ist hier ungefähr so breit wie der Rhein an einer schmalen Stelle und es fahren große Frachtschiffe darauf, Hotelschiffe und auch Ruderer, das ist ja fast wieder daheim. 


Die Erbauer der Festung haben auch das Standardwerk der Festungsbauer (das Einmaleins des Festungsbaus) gelesen und haben die Festung natürlich auf einem Berg errichtet. Aber der ist dieses Mal nicht so hoch und einigermaßen bequem zu erklimmen.



Durch einen kurzen dunklen Gang komme ich in die Festung und finde erst mal eine Sammlung von Waffen aus dem Zweiten Weltkrieg. Geschütze und Panzer aus den Zeiten, als der Krieg noch ein bisschen ethischer war als heute. Bei dem Panzern muss ich natürlich an meine Bundeswehrvergangenheit zurückdenken, als ich selber mal in so einem Ding gesessen habe.











Hier ist auch eine Spezialausstellung für mittelalterliche Folterinstrumente zu finden, der Balkan wird wirklich seinem schlechten Ruf gerecht. Wenig freundliches, nur Krieg und Tod und Folter.






Die Festung ist riesig groß und beherbergt mehrere Museen. Das eine ist natürlich dieses Jahr große Militärmuseum. Aber dann gibt es noch ein kleines Naturkundemuseum, in dass ich gehe. Das Militärmuseum interessiert mich nicht so sehr.

Die 300 Dinar waren aber nicht gut investiert. Von außen nicht zu sehen war, dass es in diesem Museum nur um Insekten ging. Davon allerdings sehr viele. 



Es waren Motten, Bienen, Wespen, Schmetterlinge, Heuschrecken und verschiedene Käfer. Es war auch nur ein großer Raum, und die ganze Dokumentation war in serbisch, einmal in lateinischer Schrift und einmal in kyrillischer.


Eigentlich wollte ich in unterirdischen Bunker gehen, die hier in dem Fort sind, aber leider ist der heute nicht geöffnet. 

Direkt daneben ist ein alter römischer Brunnen. Der war nötig, weil der Fluss unten ist und das Fort oben auf dem Berg. Man brauchte eine Wasserversorgung und hat deshalb diesen 51 m tiefen Brunnen geschaffen. Er ist umgeben von zwei spiralförmigen Wendeltreppen, über die man 35 m runter steigen kann (208 Stufen) eine zum hochgehen und eine zum runtergehen.












Leider war dieser Zugang nicht frei.


Ich bin nicht durch das ganze Fort gegangen, es ist halt wirklich sehr sehr groß und die Laufwege sind nicht gut dokumentiert. Ab und zu findet man Infotafeln, wo man auch rudimentär Wegpläne erkennen kann, leider sind die aber von irgendwelchen idiotischen Sprayern zerstört worden. 


Aber trotzdem war es hochinteressant und nebenbei bekam man noch einen herrlichen Blick über die Stadt. Beim rausgehen kam ich noch an einem Promostand einer Kaffeefirma vorbei. Dort bekam man tatsächlich einen großen Kaffee für Umme. Ich hab mich dann auf eine Bank in die Sonne gesetzt und ihn genossen.


Auf dem Weg zurück zum Fluss kam ich an einer öffentlichen Fotoausstellung zum Thema Toleranz vorbei. Da waren einige sehr interessante Arbeiten zu sehen. 

Beeindruckend.





Wenn ich so durch die Stadt gehe, sehe ich doch recht häufig komplette Ruinen oder Häuser, die in einem erbärmlichen Zustand sind. Zerbrochene Glasscheiben, nur dürftig geflickte Fenster, bei manchen Häusern weiß man gar nicht, ob sie überhaupt bewohnt sind, aber bei einem von diesen unbewohnt scheinenden Häusern hab ich den für Airbnb-Unterkünfte typischen Schlüssel-Safe gesehen. 

Fragen über Fragen.




Wieder zurück am Fluss fallen mir die Fahrpläne der Hotelschiffe ins Auge. Es gibt eine Linie, die startet in Mazedonien und fährt bis Ungarn. Eine andere kommt aus Bulgarien und geht auch nach Ungarn. Die Donau macht es möglich.

Gegen 12:00 Uhr musste ich leider feststellen, dass mir zu warm war. Für heute waren 23° angesagt, aber in der Sonne ist es definitiv wärmer. Also ein richtiger Sommertag! Ich werde ihn schwitzend genießen, weil ich nicht glaube, dass ich in Deutschland noch viele solcher Tage in diesem Jahr sehen werde.


Danach bin ich dann auf das Kriegsschiff gegangen, dass ich vorher schon gesehen hatte. 350 perfekt investierte Dinar. Man kann an Deck überall rumlaufen und man kommt auch ein Stückchen in das Schiff hinein. Nicht viel, aber man bekommt einen guten Überblick. In der Kajüte werden einigen Waffen ausgestellt, dann die ewigen Seemannsknoten und einige Instrumente. Es gibt auch ein paar Puppen, die in der Kleidung der damaligen Seeleute etwas Leben in die Bude bringen sollen. Aber lange nicht so schön wie die Wachspuppen letztens in dem Museum. Das Schiff heißt Sava, nach dem hiesigen Fluss und war als Patrouillenboot auf dem Fluss eingesetzt.












Gebaut wurde das Schiff in Budapest Ende des vorletzten Jahrhunderts. Sie ist 60 m lang 11 m breit 12 m hoch, wiegt 22 Tonnen und geht 1,30 m tief. Sie wurde angetrieben mit zwei Dampfmaschinen, die zusammen 1400 PS lieferten und sie lief damit 13 Knoten. 

Sie hatte im ersten Weltkrieg gedient und auch im Zweiten. Im zweiten Weltkrieg 1942 wurde sie dann in der Donau versenkt, um den Schiffsverkehr zu behindern. Später wurde sie gehoben und wieder instandgesetzt. Dann, 2 Jahre später, wurde sie noch mal versenkt. Aber auch danach wurde sie wieder belebt und hat weiter Dienst getan. Bis 1959 war sie aktiv und 1963 wurde sie dann endgültig außer Dienst gestellt. 2005 wurde sie dann offiziell in einem Museum umgewidmet..


Als Nächstes war ich in der Kathedrale, die schon durch ihren goldenen Turm von weitem sichtbar ist und auffällt. Es sind wenige Leute in der dunklen, unbestuhlten Kirche, aber sie gehen von Heiligenbild zu Heiligenbild, bekreuzigen sich und küssen das Bild. 

Es ist offensichtlich eine ganz andere Welt hier. 








Neben dem, was ich für einen Altar halte, sind zwei Särge, und ich möchte wetten, dass da auch irgendjemand drin liegt. 

Strange! 

Die Menschen, die hier in der Kathedrale sind, sind überwiegend jung, aber offensichtlich auch sehr gläubig.


Vor der Kirche steht ein Baum, es ist ein Yew Tree (Eibe). Diese Art Baum gehört zur Geschichte Serbiens. Er ist überall in Europa zu sehen, aber hier wird er besonders verehrt. Er wächst sehr langsam und kann bis zu 20 m hoch werden. Die ältesten Eiben werden 2000-4000 Jahre alt. Sie blüht im März und April. Die Befruchtung erfolgt überwiegend durch den Wind. Die meisten Teile des Baumes enthalten das giftige Alcaloid Taxin. 

Die Menschen hier in Serbien glauben, dass es denjenigen, der es trägt, vom Bösen bewahrt, oft werden Teile davon in Vasen gesteckt oder in Kleidung eingenäht.


Auch hier scheint es eine ausgeprägte Kaffeekultur zu geben. So fällt es mir auch nicht schwer, ein nettes Café mit einem Tisch in der Sonne zu finden, mich da gemütlich niederzulassen und einen leckeren Cappuccino zu genießen. Ich habe noch nie so viel Kaffee getrunken, wie auf dieser Reise. Alle Cafés, an denen ich vorbeikomme, sind sehr voll und die Stimmung ist sehr gut.








Ich bin dann erst mal zurück in meiner Apartment gegangen. Auf allen meinen vergangenen Reisen habe ich Fotos immer mit einer Kamera gemacht, aber dieses Mal habe ich, auch um Gepäck zu sparen, nur das Handy dabei. Das funktioniert (bis auf Selfies) ganz gut und die Qualität ist ausgezeichnet. 


Allerdings brauche ich dann zusammen mit der Navigation schon eine Menge Akkuleistung. Deshalb gehe ich ganz gerne mittags kurz ins Apartment, lade das Telefon neu, um dann später den Weg nach Hause auch auf jeden Fall wiederzufinden. Nach der Pause bin ich dann anderthalb Kilometer zu einer Busstation gelaufen, um von da aus zum Museum von Jugoslawien zu fahren. In der Haltestelle fragte ich einen jungen Mann, ob ich im Bus bar bezahlen könnte und er antwortete ich glaube, es kostet nichts.


Das kam mir aber sehr seltsam vor, als mein Bus kam, bin ich vorne beim Fahrer eingestiegen und habe den dann auch gefragt. Er lächelte mich an und sagte: it’s free.


Wow! Sowas habe ich auch nicht oft erlebt. Ich weiß, dass in Melbourne in der Innenstadt die öffentlich öffentlichen Verkehrsmitteln umsonst sind, und als ich im Sommer mal in Tübingen war, war da auch samstags alles umsonst. Könnte insgesamt helfen, den Autoverkehr etwas zu reduzieren. Der Bus hier ist auf jeden Fall rappelvoll!

Der hielt dann auch genau vor dem Museum, dass in einem großen Park angelegt ist. Es gibt zwei Museumsgebäude und außerdem das Blumenhaus. Das Blumenhaus ist die Grabstätte von Tito.







Im Park stehen viele Statuen, die Tito oder seine Frau anlässlich von Geburtstagen aus den verschiedenen Bundesstaaten bekommen haben.

Das Blumenhaus ist schlicht gehalten, ein Marmorweg führt, gesäumt von Blumen und anderen Pflanzen, zu einem riesigen Marmorblock, unter dem sich offensichtlich das Grab von Tito befindet. Das macht schon was her!


Es gibt eine Bildergalerie von Staatsmännern, die Blumen am Grab abgelegt haben. Darunter Helmut Kohl, Erich Honecker, Fiedel Castro, François Mitterrand und andere.

Tito war im ersten Weltkrieg und wurde 1915 gefangen genommen. In Russland kam er dann in Kontakt mit dem Bolschewiken und 1920 kehrte er zurück in das Königreich Jugoslawien, ein Königreich von Serben, Kroaten und Slowenen. 


Er trat dann in die Kommunistische Partei ein und wurde 1928 zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dann wurde er Leiter der Partei, und er reorganisierte sie. Nach dem Zusammenbruch des Königreichs im zweiten Weltkrieg leitete er die Freiheitsbewegung. Nach der Befreiung des Landes 1945 formte er einen modernen sozialistischen Staat nach dem sowjetischen Modell. 


Die Russen haben das stark begleitet und auch stark beeinflusst. 1948 hat sich Tito dann von den Russen abgewand und ist seinen eigenen Weg gegangen. Er hat viele Reformen durchgeführt und eine vom Markt beeinflusste Wirtschaft geschaffen. 

Er hat viele Dinge auf den richtigen Weg gebracht, aber auch manche Probleme liegengelassen, vor allen Dingen die etnischen Unterschiede zwischen den verschiedenen Staaten im Land, die später zu der Katastrophe geführt haben.












In dem zweiten Museumsteil wird die Geschichte Jugoslawiens aufgearbeitet und auch der Werdegang von Tito und seiner Partei. Das Ganze geht chronologisch, bis unsere Zeit hinein. Anfang der Vierzigerjahre spielten dann auch die Deutschen hier eine unheimliche Rolle, es gibt ein Plakat, dass eine Art Preisliste ist. 



Zum Tragen kommt die, wenn irgendwelche Verbrechen gegen die von den Deutschen eingesetzte Regierung oder gegen die Deutschen selber verübt wurden. 

So wurden für die Verwundung einer im öffentlichen Dienst stehenden Personen fünf Geiseln erschlossen; für die Tötung zehn. 

Für die Zerstörung von Brücken, Nachrichtenverbindungen oder Eisenbahnanlagen wurden 100 Geiseln erschossen. 

Im Laufe der Jahre wurden in dem besetzten Jugoslawien circa 70 Konzentrationslager erschaffen.


In der Ausstellung tauchen immer wieder seltsame „Stöcke“ auf, und ich habe keine Ahnung, was das sein soll. 

Zuerst dachte ich, es seien irgendwelche Sporttrophäen, aber dafür passte der Kontext nicht. Oder es konnte eine Art Fackel sein für so etwas wie Olympia, aber das passt auch nur auf ganz wenige dieser Stöcke. 

Dann mit Hilfe von Google Lens, habe ich es herausgefunden. 





Hier werden circa 60 oder 70 verschiedene Marschallstäbe von Tito gezeigt.

Darüber hinaus werden viele Geschenke gezeigt, die Tito im Laufe der Jahre erhalten hat.

So hat Nixon ihm ein Stückchen der Flagge geschenkt, die die Amerikaner auf dem Mond eingepflanzt haben, Ceausescu hat Geschirr geschenkt und Haile Selassi, hat ihm ein Foto von sich selbst übergeben.


In dem ganzen Museum geht es natürlich sehr um Tito und um die Zeit seines Wirkens. Das Gebäude selber war auch ein Geschenk der Stadt Belgrad zu seinem Geburtstag.


Zurück geht dann wieder mit dem kostenlosen Bus und ich hatte ja schon gesagt, dass das gut angenommen wird von der Bevölkerung. 

Mann, wird das gut angenommen! 

Wow, kommt das gut an! 

Mit anderen Worten: das Ding war wieder voll wie Busse in Indien zur Hauptverkehrszeit. Aber wenn ich die Wahl habe, knapp 3 km schlecht zu fahren oder gut zu laufen, wähle ich Option eins.








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